Compliance ist die Grundlage unserer Produkte und unseres Handeln. In einem immer komplexer werdenden Umfeld aus Gesetzen und Regeln wollen wir mit unserem Product Compliance Management System (PCMS) sicherstellen, unsere Technologien und Produkte rechtssicher auf die Straße zu bringen. Dr. Andreas Gorbach, Vorstandsmitglied der Daimler Truck AG, verantwortlich für Truck Technology, spricht im Interview darüber, was sich hinter dem Begriff Product Compliance verbirgt, wie wir die regulatorische Konformität unserer Produkte sicherstellen, und welche Bedeutung Product Compliance für Daimler Truck hat.
Herr Gorbach, was verbirgt sich eigentlich hinter dem Begriff “Product Compliance”?
Andreas Gorbach: Kurz gesagt geht es um die rechtliche und regulatorische Konformität unserer Produkte. Also darum, dass wir schon im Produktentstehungsprozess alle anwendbaren Gesetze, Standards und Vorgaben einhalten – beispielsweise bei der Entwicklung unserer Sicherheitsassistenzsysteme zur Unterstützung beim Fahren des Lkw oder hinsichtlich Emissionsnormen. Daneben spielen auch gesellschaftliche Erwartungshaltungen eine wichtige Rolle, unter anderem bei Werbeversprechen.
Wie stellen wir sicher, dass wir all das auch wirklich einhalten?
Andreas Gorbach: Hierfür haben wir ein eigenes System entwickelt – unser Product Compliance Management System (PCMS). Nehmen wir mal unseren Active Drive Assist als Beispiel: Das System ermöglicht teilautomatisiertes Fahren. Das heißt, es kann den Fahrer aktiv unterstützen und das Fahrzeug selbstständig bremsen, beschleunigen und in der Spur halten. Dabei bleibt der Fahrer in voller Verantwortung und muss jederzeit eingriffsbereit sein. Aber was heißt das genau? Wann haben wir die anwendbaren Vorgaben erfüllt und wie wird das konkret nachgehalten, z. B., wenn ein Unfall passiert? Fragen wie diese haben häufig komplexe Antworten oder sind (noch) nicht eindeutig in Gesetzen und Normen geregelt beziehungsweise formuliert. In solchen Fällen, insbesondere wenn es Interpretationsspielräume oder Widersprüche zwischen Regularien gibt, können sich die zuständigen Kolleginnen und Kollegen aus der Entwicklung an die Fachleute für Product Compliance und Produktrecht wenden.
Wie geht der Prozess dann weiter?
Andreas Gorbach: Wenn wir neue Produkte entwickeln, müssen diese im Einklang mit den anwendbaren regulatorischen Vorgaben und dem aktuellen Stand der Technik sein. Das ist momentan besonders wichtig, da sich durch die Transformation hin zu CO2-neutralen Antrieben viel verändert, wie z. B. CO2-Ziele und Emissionsnormen. Um hier möglichst früh in der Produktentwicklung die richtigen Entscheidungen zu treffen, bringen wir Kolleginnen und Kollegen aus Fachbereichen wie Compliance, Recht und Entwicklung an einen Tisch. Denn technische Normen werden oft von Ingenieuren für Ingenieure geschrieben. Umgekehrt kann ein Ingenieur Entscheidungen mit rechtlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen nicht allein treffen. Deshalb braucht es hier fachübergreifende Teamarbeit.
Blicken wir nach vorne: Welche Bedeutung hat Product Compliance in Zukunft für uns?
Andreas Gorbach: Product Compliance hat bei uns seit langer Zeit einen sehr hohen Stellenwert und das wird auch so bleiben. Gerade, wenn wir auf Zukunftstechnologien schauen. Nehmen wir das Beispiel autonomes Fahren. Ich habe es vorhin angesprochen: Hier haben wir es teilweise mit Rechtsfragen zu tun, für die es in vielen Märkten, beispielsweise im Großteil der NAFTA-Region heute noch gar keine Standards und Regelungen gibt. Hier gilt es unter Berücksichtigung aller verfügbaren Informationen die bestmögliche Entscheidung zu treffen – nicht nur mit Blick auf Gesetze und Normen, sondern auch gesellschaftliche Erwartungen. Denn nicht alles, was legal ist, ist auch legitim. Das verdeutlicht die Wichtigkeit des Themas Product Compliance. Es ist ein zentraler Hebel, um das Vertrauen in unser Unternehmen, unsere Produkte und unsere Entscheidungen zu stärken.