Der praxisnahe Schritt zur E-Mobilität mit Überlandbussen: IAA-Premiere für den Mercedes-Benz Intouro hybrid

18.09.2022
  • Das Hybrid-Prinzip: Bremsenergie gewinnen und zum Anfahren nutzen
  • Superkondensatoren („Supercaps“) dienen als Kurzzeit-Stromspeicher
  • 48-Volt-Netz, geringes Mehrgewicht, unveränderte Bedienung
  • Bewährte Komponenten, neu: Rekuperationsmodul für den Intouro
  • Der Intouro K: Hansdampf in engen Gassen
  • Das Premierenmodell: vielseitige Ausstattung, Vorbild in Sicherheit

Elektromobilität hat zahlreiche Facetten. Steht im Stadtverkehr der vollelektrische Antrieb im Mittelpunkt, so setzt Daimler Buses im Überlandverkehr und für den gemischten Einsatz von Linie bis Ausflug im ersten Schritt zur E-Mobilität auf den Mercedes-Benz Intouro mit Hybridmodul zur weiteren Senkung des ohnehin günstigen Kraftstoffverbrauchs. Das Hybridmodul ist für alle zweiachsigen Modelle mit Wandler-Automatikgetriebe der großen Intouro Familie lieferbar. Auf den Pressetagen der IAA Transportation 2022 demonstriert Daimler Buses die Technologie anhand des kompakten Überlandbusses Intouro K, einem vielseitigen und besonders handlichen sowie wirtschaftlichen Omnibus mit großer Einsatzbandbreite.

Das Hybrid-Prinzip: Bremsenergie gewinnen und zum Anfahren nutzen

Die Grundfunktion des Intouro hybrid ist denkbar einfach: Ein zusätzlicher Elektromotor arbeitet in den Brems- und Schubphasen des Omnibusses als Generator und wandelt Bremsenergie in Strom um. Dieser Strom wird gespeichert und steht dem Elektromotor zur Unterstützung des Verbrennungsmotors vor allem beim Anfahren, aber auch beim Beschleunigen und zur Unterstützung des Leerlaufs zur Verfügung.

Die Antriebstechnik dahinter ist einfach aufgebaut. Eine Kern­komponente des Hybridantriebs ist der Elektromotor. Das scheibenförmige Aggregat mit integrierter Leistungselektronik und einer Stärke von acht Zentimetern wird zwischen Verbrennungs­motor und Automatikgetriebe eingesetzt. Seine Leistung beläuft sich auf 14 kW, das Drehmoment auf 220 Nm.

Der Elektromotor unterstützt den Verbrennungsmotor in erster Linie bei hoher Leistungsanforderung, insbesondere beim Anfahren. Er dient jedoch nicht zur Steigerung der Maximalleistung, deshalb bleiben die Angaben für Leistung und Drehmoment des Omni­busses unverändert. Vielmehr entlastet der Elektromotor den Verbrennungsmotor und steigert die Anfahrperformance. Die Drehzahl des Verbrennungsmotors wird dabei nicht reduziert, sondern lediglich die Spitzenleistung unmerklich zurückgenommen und durch den Elektromotor ersetzt.

Hybridtechnologie kann zu spürbaren Verbrauchsvorteilen führen

Darüber hinaus verbessert bei Leerlaufdrehzahl ein leichtes Boosten durch den Elektromotor den Wirkungsgrad des Verbrennungsmotors. Beides zusammen schlägt sich in einer Reduzierung des ohnehin niedrigen Kraftstoffverbrauchs nieder. Sie wird beim Intouro vor allem im innerörtlichen und stadtnahen Verkehr beim stetigen Wechsel von Gas und Bremse deutlich und beläuft sich dort auf bis zu fünf Prozent.

Superkondensatoren („Supercaps“) dienen als Kurzzeit-Stromspeicher

Der durch Rekuperation gewonnene Strom wird in Kondensatoren gespeichert, auch unter dem Begriff Supercaps bekannt. Diese elektrischen Stromspeicher kennzeichnet eine hohe Leistungs­dichte. Sie sind unempfindlich gegen hohe Leistungsspitzen und haben eine große Lebensdauer. Im Unterschied zu Batterien eignen sich Supercaps vorzüglich für den fortlaufenden schnellen Wechsel zwischen Ladung und Entladung beim Anhalten und Anfahren. Ein einmaliges Abbremsen des Intouro hybrid aus 50 km/h bis zum Stand genügt, um die Stromspeicher aufzuladen.

Der Stromspeicher des Intouro hybrid besteht aus zwei Modulen. Jedes Modul enthält 16 Supercaps. Beide Module zusammen verfügen über eine Gesamtkapazität von 88 Wh und sind platzsparend in Fahrtrichtung links hinten auf dem Dach montiert. Eine Abdeckung schützt die Module vor äußeren Einwirkungen und Sonneneinstrahlung. Eine gelochte seitliche Blende sichert gleichzeitig die notwendige Kühlung durch den Fahrtwind.

Ein Inverter oder Wechselrichter wandelt den gespeicherten Gleichstrom in Wechselstrom zum Antrieb des Elektromotors um. Sowohl der Inverter als auch der E-Motor sind wassergekühlt. Der Zusatzkühler für diese Niedertemperaturkühlung mit maximal 65 Grad Celsius ist platzsparend unterhalb des Fahrzeug­kühlers angeordnet.

48-Volt-Netz, geringes Mehrgewicht, unveränderte Bedienung

Ein weiterer wesentlicher Pluspunkt: Der Intouro hybrid verzichtet auf ein aufwendiges Hochvoltnetz mit den dafür notwendigen Einschränkungen und Sicherheitsanforderungen. Der Überlandbus verfügt über ein separates 48 Volt-Netz. Es zählt zur Niedervolt­technik und ist ungefährlich im Umgang. Die unveränderten Nebenaggregate werden konventionell angetrieben. Weitere Vorteile des sowohl kompakten als auch unkomplizierten technischen Aufbaus des zusätzlichen Hybridantriebs: Der benötigte Bauraum ist gering, die Außenkonturen bleiben ebenso unverändert wie der Innenraum – es gehen keine Fahrgastsitze verloren. Das Mehrgewicht des Hybridantriebs beläuft sich auf 254 kg. Daher verringert sich die Gesamtzahl der Fahrgastplätze nur unwesentlich und hat in der Praxis keine Bedeutung.

Busfahrer spüren hinter dem Steuer des Intouro hybrid weder bei der Bedienung noch im laufenden Betrieb einen Unterschied. Selbst die Instrumentierung ist identisch. Schulungen sind daher unnötig. Ebenso ist der vielerorts übliche schnelle Wechsel der Fahrer während des Linienbetriebs oder ein Wechsel zwischen unter­schiedlichen Omnibussen völlig unproblematisch.

Bewährte Komponenten, neu: Rekuperationsmodul für den Intouro

Die Entwickler des Intouro hybrid setzen auf bewährte Komponenten. Sie werden zum Beispiel bereits beim erfolgreichen Citaro hybrid verwendet, der sich seit Jahren mit dieser Technologie in der Praxis bestens bewährt hat. Von ihm stammen zum Beispiel die Supercaps als Energiespeicher. Sie sind Kennern des Citaro bereits als Rekuperationsmodul begegnet. Aufgrund der neuen Elektrik-/Elektronikstruktur des Intouro mit anderen Steuergeräten waren indes umfangreiche Adaptionsmaßnahmen erforderlich.

Dieses Rekuperationsmodul ist – neu – jetzt ebenfalls für den Intouro lieferbar, unabhängig vom Hybridmodul. Es speichert zusätzlich zu den Fahrzeugbatterien den durch Rekuperation gewonnenen Strom und stellt ihn beim Anfahren oder an bergigen Passagen zur Verfügung. Das entlastet den Generator, somit den Verbrennungsmotor und senkt damit den Kraftstoffverbrauch.

Der Energiespeicher ist ebenfalls platzsparend in Fahrtrichtung rechts auf dem Dach montiert. Das Rekuperationsmodul ist Voraussetzung für den Intouro hybrid.

Der Intouro K: Hansdampf in engen Gassen

Seine Premiere erlebt das neue Hybridmodul in der Intouro Baureihe im kompakten Intouro K. Mit 10,75 Meter Länge und einem Wendekreis von lediglich 18,34 Metern ist er besonders handlich. Damit bietet er sich für Fahrten durch bergige Regionen, verwinkelte Orte oder Ausflüge mit kleinen Gruppen an.

Gleichzeitig ist der Intouro K ein vollwertiger Omnibus mit allen herausragenden Eigenschaften der Intouro Familie. Entsprechend seinem breit angelegten Einsatzgebiet ist er in einer Fülle an Ausstattungsvarianten zu bekommen – die Spanne reicht vom sachlichen ausschreibungsgerechten Hochboden-Überlandbus bis zum Ausflugswagen.

Die Ausstattungsvielfalt umfasst Fahrtzielanzeigen, einen einfachen oder doppeltbreiten Einstieg in der Mitte und zwei verschiedene Lifts für mobilitätseingeschränkte Fahrgäste. Drinnen decken Bestuhlung und Gepäckablagen ein breites Spektrum ab. Der ebenfalls völlig neu entwickelte Fahrerplatz des Intouro ist – typisch für Mercedes-Benz Omnibusse – ergonomisch perfekt und fahrerbetont ausgeführt. Von seiner Optik über die Bedienungs­elemente bis zur Instrumentierung einschließlich Farbdisplay erreicht das hochwertige Cockpit vollwertiges Reisebus-Niveau.

Die Motorleistung des Intouro K beläuft sich wahlweise auf 220 kW (299 PS) oder 260 kW (354 PS). Unternehmen können sogar aus vier Getriebevarianten wählen: manuelles Sechsgang-Schaltgetriebe, vollautomatisiertes Getriebe Mercedes-Benz PowerShift oder Wandler-Automatikgetriebe von Voith und ZF.

Mit dem neuen, als Sonderausstattung lieferbaren Hybridmodul sowie dem Rekuperationsmodul werden der Kraftstoffverbrauch und somit die Emissionen dieses gleicher­maßen kraftvollen wie wirtschaftlichen Antriebsstrangs nochmals gesenkt.